Die Digitalisierung macht auch vor dem Bauhandwerk keinen Halt – daraus ergeben sich neue Herausforderungen denen wir uns als Unternehmen stellen müssen. Diesen Herausforderungen stehen jedoch Chancen und Möglichkeiten gegenüber, die es uns ermöglichen, die Wirtschaftlichkeit unserer Projekte zu steigen und diese mit einer höheren Qualität abzuwickeln.

Im Jahr 2023 haben wir hierzu im Rahmen einer Testbaustelle eine GPS-gestützte Baggersteuerung sowie einen Vermessungsrover getestet. Bei der Baustelle sollte eine bestehende Straße verbreitert werden. Aufgrund dieser Verbreiterung wurde eine Böschung abgetragen und ein Regenwasserkanal neu verlegt. Dieses Projekt erforderte aufwendige Vermessungsarbeiten, die bis dato von einem speziell ausgebildeten Vermessungsingenieur ausgeführt wurden. Auf Grundlage der vom Vermesser eingemessenen Punkte wurden bisher mit Laser, Schnüren und Randsteineisen auf konventionelle Art und Weise Vermessungspunkte rückversichert und weitere Punkte eingemessen. Diese zeit- und kostenintensiven Arbeitsschritte sollten durch die Maschinensteuerung reduziert werden oder entfallen.

Die Funktionsweise der Maschinensteuerung gleicht der eines Auto-Navis. Vom Ingenieurbüro erhalten wir Planunterlagen, die durch Koordinaten- und Höhenangaben georeferenziert sind. Diese Planunterlagen werden vor Ausführungsbeginn im Büro aufbereitet, sodass dem Bagger oder dem Rover die benötigten Daten wie Lage oder Höhe von Schachtanschlüssen, Bordsteinen oder Pflasterflächen zur Verfügung stehen. Nach Abschluss der Planaufbereitung findet die Übertragung der Pläne auf ein Tablet statt.

Der Vermessungsrover besteht aus einem Empfänger, einem Roverstab sowie einem Tablet. Über konventionelle Satelliten werden Daten an den Empfänger gesendet, mit welchem dieser seine Position mit einer Genauigkeit von bis zu zwei Zentimetern bestimmen kann. Diese Position wird auf Grundlage von Koordinaten- und Höhendaten übertragen. Dieselben Koordinaten- und Höhendaten stehen in den aufbereiteten Plänen der Baustelle zur Verfügung, sodass man den Standort des Rovers auf den Plänen im Tablet sehen kann. Möchte man nun Vermessungsarbeiten durchführen, so ist es nur noch notwendig den jeweiligen Schacht oder die Bordsteinkante im Tablet auszuwählen und sich mit Hilfe des Rovers dorthin zu navigieren zu lassen. Hierbei zeigt der Rover an, wie weit man sich bspw. in Richtung Nordern oder Westen bewegen muss. Hierbei befindet sich der gewählte Punkt immer an der Spitze des Roverstabs.

Die benötigten Vermessungspunkte können somit jederzeit mit dem Rover abgesteckt und eingemessen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Rover auch die Höhenlage anzeigt, hierbei ist bspw. auch ersichtlich wie tief an einer bestimmten Stelle ein Kanalgraben ausgehoben werden soll, um einen Abwasserkanal zu verlegen.

Die Baggersteuerung funktioniert ähnlich wie der Rover, allerdings müssen die Bagger hierfür mit einer Vorrüstung ausgestattet werden. Diese Vorrüstung muss bei jedem Bagger einzeln vorgenommen werden. Der Bagger erhält zwei Empfänger, welche auf dem Heck angebracht sind. Entlang des Baggerarms und an den unterschiedlichen Baggerlöffeln werden Sensoren angebracht und diese genaustens eingemessen. Über die Empfänger und Sensoren kann die Baggersteuerung genaustens berechnen, in welcher Lage und Höhe sich die Schneide des Baggerlöffels aktuell befindet. Im Führerraum des Baggers wird die Lage der Baggerschaufel auf einem Tablet angezeigt. Der Baggerfahrer kann zwischen einer Draufsicht und seitlichen Ansicht wählen und sieht genaustens, wie weiter er schwenken darf und wie tief er seinen Baggerlöffel bewegen darf um bspw. einen Grabenaushub zu tätigen.

Durch die Testbaustelle konnten wir die Vorteile dieser Maschinensteuerung kennenlernen, weswegen wir uns dafür entschieden, die Technik in unserem Unternehmen zu implementieren. Der Roverstab, welcher zu Testzwecken auf der Baustelle war, wurde direkt übernommen. Im Dezember 2023 wurden die Empfänger und Sensoren an unseren Liebherr Baggern R920A und A918C montiert und die Maschinen eingemessen, wodurch die Vorrüstung komplett war.

Zum optimalen Einstieg in die digitalisierte Baustelle erlernten im Rahmen einer In-House Schulung neun Vor- und Facharbeiter den Umgang mit dem Roverstab.

Zusätzlich nahmen drei Baggerfahrer an einer Tagesschulung zur Baggersteuerung in der Bayrischen Bauakademie in Feuchtwangen teil.

Zwei Bauleiter erlernten in einem ersten Schritt auf einer zweitägigen Schulung an der Bayrischen Bauakademie die grundlegenden Funktionen des Rovers und der Baggersteuerung in den Bereichen Vermessung, Bestandsaufnahme und Datenaufbereitung. Darauf aufbauend besuchten sie eine weitere Schulung in Hayingen, die sich speziell mit der Aufbereitung von Planungsdaten und Verarbeitung von Bestandsdaten beschäftigte.

Optimal ausgestattet und geschult kommt unsere Baggersteuerung aktuell seit März 2024 beim Bauvorhaben „Ausbau Zeilweg“ in Neunkirchen zum Einsatz. Nach der Aufbereitung aller Planungsdaten und der Übertragung auf Bagger und Rover können nun die Wasserleitung, die Fernwärmeleitung sowie der Abwasserkanal vor Ort durch unseren Bauleiter, Polier oder Baggerfahrer eingemessen werden. Der Baggerfahrer kann den Grabenaushub selbstständig tätigen ohne auf die Höhenkontrolle eines weiteren Mitarbeiters angewiesen zu sein. Zudem wird die Lage der fertiggestellten Kanäle und Versorgungsleitungen genaustens eingemessen und die benötigten Bestandspläne stehen ohne großen Aufwand mit kleinen Nachkorrekturen zur Verfügung. Im weiteren Verlauf der Baustelle werden wir durch die Maschinensteuerung auf bei der Herstellung des Erdplanums vom Straßenunterbau profitieren.

Aktuelles

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